Gender Pay Gap - Warum Frauen weniger bekommen und weniger haben

Gender Pay Gap - Warum Frauen weniger bekommen und weniger haben

Gender Pay Gap und Gender Wealth Gap - ein paar Grundlagen

Der Gender Pay Gap beschreibt die unterschiedliche Bezahlung von Männern und Frauen insgesamt – und im engeren Sinne für gleichwertige Arbeit. Der Gender Pay Gap, also die geschlechtsspezifische Lohnlücke, ist ein Phänomen, das in vielen Ländern der Welt, auch in Deutschland, existiert. In Deutschland beträgt der unbereinigte Gender Pay Gap im Jahr 2023 durchschnittlich 18 Prozent, was bedeutet, dass Frauen durchschnittlich 18 Prozent weniger verdienen als Männer. 

Im EU-Vergleich bleibt Deutschland damit eines der Schlusslichter.

(destatis)

genderpaygap EU 2022

Betrachten wir nun nur die Menschen mit vergleichbaren Qualifikationen, Tätigkeiten und Erwerbsbiografien beträgt der bereinigte Gender Pay Gap immer noch 7 %. Das heißt: in gleichen Tätigkeiten mit gleichen Qualifikationen erhalten Frauen 7% weniger als Männer. Man geht davon aus, dass sich dieser Unterschied zum Teil durch Unterschiede in der Erwerbsbiografie weiter erklären ließe. (Quelle: Statistisches Bundesamt)

Was jedoch bleibt: Frauen verdienen weniger, und Frauen haben, auch in der Folge, weniger Vermögen als Männer. Der Gender Wealth Gap beträgt im Rentenalter durchschnittlich 26%, d.h. Frauen gehen nur mit 74% des Vermögens in Rente. Besonders interessant dabei ist, dass der Gender Wealth Gap mit steigendem Hierarchielevel STEIGT: Frauen in leitenden Fach- und Führungspositionen besitzen weniger als zwei Drittel (62 Prozent) des akkumulierten Vermögens beim Renteneintritt als männliche Kollegen in vergleichbaren Positionen. (Quelle: WTW Global Gender Wealth Equity Report und ein guter deutschsprachiger Artikel dazu auf Experten.de)

Der Gender Pay Gap ist ein strukturelles Problem

Die Ursachen für den Gender Pay Gap sind vielfältig. Zum Beispiel arbeiten Frauen oft in schlecht bezahlten Berufen, wie etwa in den Bereichen Pflege, Erziehung und Verwaltung, während Männer in technischen und handwerklichen Berufen vorherrschen, die besser bezahlt werden.

Doch liegt es an den Berufen, dass sie schlechter bezahlt sind, oder wird hier schlechter gezahlt, weil es zumeist Frauen sind, die hier arbeiten? Es fällt leicht, die Schuld hier bei den Frauen zu suchen, die sich eben die niedrig bezahlten Jobs aussuchten. Doch warum ist die Pflege von alten Menschen schlechter bezahlt als das Kaufen und Verkaufen von Aktien?

Betrachten wir die Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen in gleichen Berufen. Wir wissen, dass Frauen schon direkt nach dem Studium niedrigere Gehälter angeboten werden als Männern, sogar beim Taschengeld sind geschlechtsspezifische Unterschiede nachgewiesen. Ein aktueller Fall würde jüngst durch ein Urteil des Arbeitsgerichtshofs vom 16. Februar 20231 entschieden, bei dem eine Frau ihren Arbeitgeber erfolgreich verklagte, um das gleiche Gehalt wie ihr Kollege bezahlt zu bekommen. Der Arbeitgeber führte als Begründung für den Gehaltsunterschied unter anderem an, der Mann hätte besser verhandelt.

Besonders was die Gehaltsunterschiede in gleichen Tätigkeiten angeht (bereinigter Gender Pay Gap) können wir von struktureller geschlechtsspezifischer Diskriminierung ausgehen, der sich vor allem in gesellschaftlichen Stereotypen gründet: Frauen sind nur Zuverdienerinnen; Frauen brauchen nicht so viel Geld; Frauen verhandeln schlechter; wenn frau Kinder hat, ist sie nicht mehr so engagiert im Job usw usf.

Wie kann der Gender Pay Gap geschlossen werden?

Eine Möglichkeit, den Gender Pay Gap zu reduzieren, besteht darin, die Berufswahl von Frauen zu fördern und sie für technische und handwerkliche Berufe zu begeistern. Hier müssen auch Stereotypen und Vorurteile gegenüber Frauen in diesen Berufsfeldern abgebaut werden, es braucht Vorbilder für junge Mädchen.

Gleichermaßen müssen Arbeitsrechte von Frauen gestärkt werden und Maßnahmen für mehr Gleichberechtigung umgesetzt werden. Hierzu gehört auch die Förderung von Familienfreundlichkeit am Arbeitsplatz, um Frauen und Männer gleichermaßen zu unterstützen.

Hier ist die Politik gefragt. Ich zitiere immer wieder gern unser Grundgesetz:

Artikel 3. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

Lösungsversuch der deutschen Politik: Das Entgelttransparenzgesetz

Und die Politik war nicht untätig: Um die Gleichstellung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt sicherzustellen, wurde 2017 in Deutschland das Entgelttransparenzgesetz eingeführt. Es verpflichtet Unternehmen mit mehr als 200 Beschäftigten dazu, die Gehälter ihrer Mitarbeiter*innen offenzulegen. Außerdem müssen private Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten regelmäßig ihre Entgeltstrukturen überprüfen und auch darüber und über Maßnahmen der Entgeltgleichheit berichten.

Das stumpfe Schwert des Entgelttransparentgesetzes: nur Auskunft, keine Handlung

Leider hat die große Koalition das Schwert des Entgelttransparenzgesetzes nicht wirklich mit einer scharfen Klinge ausgestattet, so ist das eben manchmal mit den Kompromissen in der Politik. Bei einer genaueren Betrachtung des Entgelttransparenzgesetzes gibt es mehrere Kritikpunkte, die zeigen, dass es noch einiges zu verbessern gibt.

Zum einen greift der Auskunftsanspruch erst ab einer Unternehmensgröße von 200 Mitarbeitern; dadurch sind viele Mitarbeiter kleiner und mittelständischer Unternehmen von den rechtlichen Regelungen ausgenommen. Zudem fehlt das Verbandsklagerecht. Jede Frau muss sich einzeln durch die Instanzen klagen, dazu braucht es nicht nur einen eisernen Willen, sondern auch finanzielle Mittel. Und die – ich verweise gerne auf den ersten Abschnitt dieses Artikels – haben Frauen statistisch eben weniger als Männer.

Zusätzlich gibt es mitunter hohe soziale Hürden beim Stellen einer Anfrage. Aus Angst vor Nachteilen sehen viele Mitarbeiterinnen von einer Anfrage ab, obwohl sie Ungleichbehandlung erfahren. Außerdem wird bei einer Auskunft lediglich der wenig aussagekräftige Median mitgeteilt.

Im Entgelttransparenzgesetz fehlen Sanktionen

Grundsätzlich ist zu bemängeln, dass der Arbeitgeber kein höheres Gehalt zahlen muss, sollte das Vergleichsentgelt über dem Entgelt des Arbeitnehmers liegen. Das Entgelttransparenzgesetz gewährt lediglich einen Auskunftsanspruch und keinen Durchsetzungsanspruch. Die Befürchtung liegt nahe, dass viele Unternehmen freiwillig kein höheres Gehalt zahlen und erstmal alles beim Alten bleibt. Gehen die Arbeitnehmer infolgedessen nicht vor Gericht, bleibt das Gesetz weitgehend wirkungslos.

Zudem ist das Gesetz sanktionsfrei. Wen wundert es da, dass die Arbeitgeber sich um anderes kümmern als um die Lohngleichheit.

Island als Vorbild für Gleichberechtigung am Arbeitsmarkt

Andere Länder machen es besser. Island kann hierbei als positives Vorbild genommen werden. Durch folgende Maßnahmen hat die isländische Regierung den Gender Pay Gap gesenkt:

1. Das Gesetz zur Entgeltgleichheit: Im Jahr 2018 hat Island das Gesetz zur Entgeltgleichheit eingeführt, das Unternehmen mit mehr als 25 Mitarbeitern dazu verpflichtet, ihre Lohnstrukturen auf geschlechtsspezifische Unterschiede hin zu überprüfen und diese zu beseitigen. Unternehmen müssen ihre Analysen und Ergebnisse öffentlich zugänglich machen und werden bestraft, wenn sie gegen das Gesetz verstoßen.

2. Frauenquote: Island hat eine Frauenquote von 40% in den Vorständen von öffentlichen Unternehmen und staatlichen Institutionen eingeführt.

3. Elternzeit: Island hat ein großzügiges Elternzeit-System, das beiden Elternteilen ermöglicht, bezahlte Elternzeit zu nehmen, um sich um ihre Kinder zu kümmern. Dies trägt dazu bei, dass Frauen nicht länger als Männer aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden.

4. Bildung und Bewusstseinsbildung: Die Regierung hat Bildung und Bewusstseinsbildung gefördert, um die Wahrnehmung von Geschlechterrollen und Stereotypen zu verändern und die Gleichstellung der Geschlechter zu fördern.

Nicht nur die Politik, auch die Unternehmen sollten handeln - der Fachkräftemangel lässt grüßen

Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels tun sich Unternehmen gut daran, sich ein Beispiel an Island zu nehmen. Denn einerseits haben wir mit einer Menge gut ausgebildeter Frauen, die nicht oder ungewollt in Teilzeit arbeiten, noch ungenutztes Potential, andererseits können genau solche Maßnahmen für die Entscheidung einer Fachkraft FÜR ein Unternehmen ausschlaggebend sein.

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